Gästehaus des Helmholtz Zentrums Dresden Rossendorf, 2011

Der Hamburger Künstler Michael Dörner schuf 2011 das Kunstwerk Geniestreich für die Fassade des Gästehauses. In sechs visuellen Zitaten beschäftigt sich Geniestreich mit Wissenschaftsgeschichte der Neuzeit. Skizzen verschiedener Wissenschaftler erscheinen wie freigelegte Graffitis auf der Außenwand des Gebäudes und zeigen nicht nur die Komplexität wissenschaftlichen Denkens, sondern auch die spezielle Ästhetik der Entwürfe. Die Motive wurden in Siebdrucktechnik auf die Fassadenplatten aufgebracht.

Hermann von Helmholtz (1821-1894): „Physiologie des Nervensystems“ (über dem Eingang) & „Raumbetrachtungen” (Stirnwand, rechts oben)

Helmholtz ist Namensgeber des Zentrums. Deshalb studierte der Künstler in der Berliner Akademie der Wissenschaften Originalhandschriften von Helmholtz und suchte nach Blättern, die sowohl als grafisches Motiv wie auch als wissenschaftliches Statement interessant sind. Dabei stieß er – neben dem Blatt mit den Berechnungen der „Raumbetrachtungen“ – auf die Überlegungen zur „Physiologie des Nervensystems“. Sie verweisen auf Helmholtz’ Vielseitigkeit: Er war Physiologe und erhielt einen Lehrstuhl für Physik an der Berliner Universität. Helmholtz dachte modern, interdisziplinär und universal.

Quelle/ source: „Physiologie des Nervensystems“ NL 550/ S.70; „Raumbetrachtungen”, Prinzipien der Naturforschung, NL 700/1; Akademie der Wissenschaften Berlin

Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716): „Skizze zur Rechenmaschine“ (Eingangsfassade, Mitte)

Leibniz, ebenfalls Namensgeber einer deutschen Wissenschaftsgemeinschaft, gilt als Universalgelehrter und Erfinder der Rechenmaschine. Auch ist er einer der ersten Wissenschaftler, der den binären Code in seinen Schriften erwähnte. Vieles an heutiger Technologie und Forschung baut auf seinen Erkenntnissen auf. Seine Rötelzeichnung des Apparats weist eine große künstlerische Attraktivität auf.

Quelle/ source: „Skizze zur Rechenmaschine“, ca. 1671, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek / Niedersächsische Landesbibliothek Hannover, LH XLII, 5, BL. 24r

Leonardo da Vinci (1452-1519): “Embryo in der Gebärmutter” (Eingangsfassade, rechts unten)

Leonardo da Vinci verkörpert wie kein Zweiter das Ideal eines Universalgelehrten. Deshalb hat er für interdisziplinäres, kreatives Denken noch heute große Bedeutung. Mit seiner Skizze zum „Fötus im Mutterleib“ betrieb er medizinische, anatomische Studien, die im Renaissancezeitalter gerade erst begannen. Leonardo war als Forscher und Denker seiner Zeit weit voraus.

Quelle/ source: “The foetus in the womb”, ca. 1510-12 (Pen and ink with wash over traces of black chalk and red chalk, 305 x 220 mm), Windsor Leoni volume (19102) Ref.: C III 8r; Popham 248; C&P, K/P 198r ; The Royal Collection, London; akg-images, Berlin

Albert Einstein (1879-1955 ): „Scientific notes on experimental data, General Relativity, Thermodynamics“ (Stirnfassade, links)

Von Albert Einstein gibt es unzählige handschriftliche Notizen. Michael Dörner hat sich bei seiner Recherche für ein Blatt entschieden, das sich mit Gravitation beschäftigt – im Rahmen der Relativitätstheorie. Das einzigartige Blatt wurde mit Bedacht ausgewählt, trägt es doch unter den Berechnungen den eigenhändigen Vermerk Einsteins „Stimmt!“. Er bestätigt also selbst seine Formel, als eindrucksvolles Beispiel für Denkstruktur und Haltung eines Wissenschaftlers. Das Blatt bietet damit nicht nur eine abstrakte Formel an, sondern auch eine sehr persönlichen Note.

Quelle/ source: “Scientific notes on experimental data, General Relativity, Thermodynamics”, 1936; The Hebrew University of Jerusalem, Albert Einstein Archives, Call Nr. 3-13

Charles Darwin (1809-1882): “Der Baum des Lebens” (Stirnfassade, Mitte)

Als Anthropologe und Naturwissenschaftler dachte und wirkte Charles Darwin stets interdisziplinär und ermöglichte damit bahnbrechende Erkenntnisse. „Tree of Life“ mit seiner optischen Analogie zum Wachsen wirkt grafisch eindrucksvoll und stellt die Entwicklungsgeschichte der Menschheit als einen Seitenast der Evolution klar. Darwins These „I think!“, die Fähigkeit zum rationalen Denken, spiegelt menschliche Vernunft und Forschungswillen, aber auch die Verantwortung gegenüber allem Leben.

Quelle/ source: “Tree of Life”, 1837; Cambridge University Library, Cambridge, UK, DAR.121 Notebook B (1837). – CUL_DAR121.-038 

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