ENTRANSÍTO
El Faro de Ses Coves Blances – Sa Antoni de Portmany (Ibiza)
14. April 2024 bis 22. April 2024023
Leuchten aus dem Mittelmeer
Ein experimenteller Versuch den Übergang zwischen gestern, jetzt und morgen auszuloten.
El Faro de Ses Coves Blances – Sa Antoni de Portmany (Ibiza)
Projekt vom 14. April 2024 bis 22. April 2024023
Ausstellungseröffnung: 18. April 2024
Zum zweiten Mal, nach dem erfolgreichen Pilotprojekt im Jahr 2023, wird sich eine Gruppe von Künstler*innen und Kurator*innen aus Hamburg und Ibiza erneut in Sa Antoni de Portmany zusammenfinden, um sich künstlerisch den Themen und Problematiken des Overtourismus, der Ökonomie der Bewegung, sowie den damit längst eng verbundenen Problemen der Migration, Flucht, Globalisierung und Diskriminierung zu widmen.
2023 stand noch die Auseinandersetzung mit dem Philosophen Walter Benjamin und seinem Aufenthalt auf dem Gelände der Sa Punta des Moli während der Nazidiktatur im Fokus.
In diesem Jahr wird die Ausstellung an einem anderen, aber ebenfalls symbolträchtigen Ort stattfinden und der Leuchtturm „Faro de Ses Coves Blances“ wird als Ort der Begegnung und inhaltlichen Auseinandersetzung dienen.
War sein Standort früher innerhalb eines unbewohnten Endes der langen Bucht Sa Antoni de Portmany, ist er heute ein Teil des Stadtbildes. 1897, als weithin nachts sichtbares Zeichen für die See- und Schifffahrt eingeweiht, erlebte das Gebäude seitdem viele Veränderungen. 1963 wurde es stillgelegt und der Fortschritt enthob den Leuchtturm seiner ursprünglichen Funktion. Ab 2010 hat die Stadtverwaltung nach einer gründlichen Restaurierung das Gebäude wieder eröffnet und als soziokulturelles Zentrum mit einem Ausstellungssaal und einem Zentrum für Meereskunde eingerichtet. Seine privilegierte Lage im Stadtzentrum von San Antoni macht den Leuchtturm zu einem leicht zugänglichen und beliebten kulturellen Treffpunkt mit einem jährlichen Programm von Ausstellungen und Veranstaltungen aller Art.
Der Leuchtturm soll im Rahmen des Projekts „EnTransíto“ dieses Mal thematisch auf die Doppeldeutigkeit seiner symbolischen Wirkung und Bedeutung als Signalpunkt verweisen. Einerseits steht das leuchtende Blinken für eine Warnung vor Untiefen im Meer und sich nähernden Klippen, um ein kentern zu vermeiden. Andererseits wirkt jenes Signal, jenes Leuchten nicht nur anziehend, sondern dient auch der Ortsbestimmung. In der Dunkelheit zieht uns Licht nicht nur regelrecht an, es spendet den Menschen auch Hoffnung, Mut und Zuversicht. Übertragen wir jene Doppeldeutigkeit des Leuchtturms und seiner Signalwirkung auf westliche und wirtschaftlich gut situierte Systeme, dann kann die dem Leuchtturm innewohnende Ambivalenz auch auf die Interessen und Motivationen von Migration angewendet werden.
Zum einen wünscht sich jedes Land, aus wirtschaftlicher Sicht, Arbeitskräfte und Konsument*innen und zum anderen möchte man ungewünschte Geflüchtete auch gerne schnell wieder ausweisen, weil in der Bevölkerung die Sorge entstehen kann, dass sie soziale Gesellschaften und länderspezifische Kulturen überfordern und überfremden könnten. Auch innerhalb des Tourismus lässt sich ein ähnliches Spannungsfeld finden, wofür Orte wie San Antoni Signal kräftige Bedeutungsträger. In ihnen spiegelt sich die Lust auf Sonne und Erholung wider und sie vermitteln den Duft von Freiheit. An Orten wie San Antoni können Urlauber*innen ihrem Alltag und allen Zwängen entkommen. Zugleich birgt ein solch touristischer Erfolg jedoch nicht nur Wohlstand und Arbeitsplätze. Für die Einheimischen wird Wohnraum unerschwinglich, wenn nicht sogar Mangelware. So stellt sich nicht nur die Frage, für wen sich eben jener Wohlstand wirklich abzeichnet, sondern auch Orte wie San Antoni sehen sich im Zuge des Massentourismus mit der Sorge nach Überforderung und Überfremdung konfrontiert.
Für eine Woche arbeiten und interagieren ausgesuchte Künstler*innen und Studierende, gemeinsam mit dem Kurator*innenteam des Projekts „En transito“, rund um die symbolisch aufgeladene Plattform des Leuchtturms „Faro de Ses Coves Blances“. Sie verweisen damit auf eine sich permanent verändernde Wirklichkeit und verarbeiten zugleich künstlerisch die dadurch sichtbar gewordenen Fragestellungen innerhalb der Themen Migration, Flucht, Massentourismus, Angst vor Überfremdung und Diskriminierung.
Denkbilder Teil 2, Installationsansicht, El de Faro Ses Coves Blances, Sant Antoni de Portmany
“Imágenes que piensan – Sombras Largas”
Video, 56:40 “, Installation, 2024 – Passwort: Denkbilder02
„Denkbilder – Lange Schatten”[1]
Im vergangenen Jahr hat der Künstler Michael Dörner in einem Zelt auf dem Gelände der Sa Punta des Molí mit der Installation eines Zeltes den Eindruck erweckt, als würden unberechtigt Personen dort hausen. Es sollten Anspielungen auf Flüchtlingscamps und Assoziationen zu Protestaktionen sein – eine unberechtigte Besetzung öffentlichen Terrains. Ein Film mit Interviews, die er mit Menschen aus Hamburg geführt hat, die ein Haus auf der Insel besitzen, wurde im Zelt aufgeführt.
Die Flüchtigkeit der temporären Installation hat der Künstler auch in diesem Jahr beibehalten. Auf dem Außengelände des Faro de Ses Coves Blances wird wieder eine temporäre Behausung, diesmal in Form eines Pferdewagens, als Raum für den zweiten Teil des Filmprojektes dienen. Mit dem Teil 2 wird diese Arbeit vollendet. Die Interviews und Sequenzen, die im Film zu sehen sind, wurden allesamt in San Antonio oder auf der Insel Ibiza gedreht. Die Personen, die auf die Fragen des Künstlers antworten, sind allesamt Einwohner von Ibiza oder der Stadt San Antonia. Aus den kurzen Schatten der Denkbilder sind nun lange Schatten geworden. Es ist sehr spannend zu sehen, wie sich die Perspektiven der unterschiedlichen Interessengruppen verändern und wie unterschiedlich die Insel, mit all ihren Möglichkeiten wahrgenommen wird.
[1] Nach Walter Benjamin